Philosophieren zum Brotteig

Zeit und Raum ist heute der grösste Luxus. Unbezahlbar. Und nicht auf Bestellung erhältlich. Schon gar nicht digital. Es gibt Dinge die anderen Gesetzen unterliegen. Dem Gesetz von Zeit und Raum. Ein Brotteig ist zum Beispiel etwas Lebendiges, nicht immer hunderprozentig beinflussbar. Da gibt es Faktoren die einen nicht zu unterschätzenden Einfluss haben auf Garzeit, Backzeit, Konsistenz und Geschmack. Die Luftfeuchtigkeit des Backtages, die Aussentemperatur und die Raumtemperatur, die Feuchtigkeit des Mehles, die Lagerung des Mehles, der Tag der Mahlung in der Mühle, der Reifegrad des Getreides, das Jahresklima, das Wetter und das Saatgut. Das Vorjahr entscheidet bereits über einen Teil der Qualität. Das Wetter und das Können des Getreidebauern beeinflussen die Qualität der Ernte. Ebenso der Standort des Feldes und die Bodenbeschaffenheit. Der Zeitpunkt der Aussaat,- die Liebe zur Scholle und die Ehrfurcht zum Leben. Dies alles braucht Zeit, viel Zeit. Zuerst ist die Idee, dann folgt die Umsetzung. Wenn alles gut geht halten wir dann ein Nahrungsmittel in den Händen das viele tausend Stunden durchlebt hat,- in anderer Form und eine Metamorphose durchlebt hat vom Saatgut bis zum gebackenen Brot das Seinesgleichen sucht. Vielleicht am ehesten noch vergleichbar mit der Reifezeit von Misopaste oder Käse, natürlich gebrauter Sojasauce oder altem Balsamico. Zeit ist Geld. Ist Gold. Und sich Zeit nehmen ist sinnstiftend. Kostbares Gut. Nehmen wir uns wieder mehr Zeit für unsere “ Lebensmittel“ die nicht nur „Überlebens“-mittel sein sollen. Echte Nahrungsmittel. Brot ist Leben! Wenn kein gutes Brot mehr erhältlich ist: backen wir wieder unsere eigenen Brötchen! In diesem und im übertragenen Sinn. Nehmen wir uns die Zeit.